ALT-Texte zur Foto-Ausstellung Audismus
Hier finden Sie eine Beschreibungen des Ausstellungsraumes und der Bilder.
Zusätzlich finden Sie bei jedem Bild auch noch den ALT-Text direkt zum Bild, vor dem Sie stehen.
Aufbau:
Über die Ausstellung
Raumbeschreibung
Barrierefreiheit
Ausstellungstexte
Bildbeschreibungen
Über die Ausstellung
Xenia Dürr ist Fotografin und Taube Aktivistin. Sie ist 1989 in Bregenz geboren. Heute lebt und arbeitet sie vor allem in Berlin. Bei der Ausstellung geht es um Audismus. Audismus ist eine Form des Ableismus und beschreibt den gesellschaftlichen Druck auf Taube Menschen, sich an die hörende Mehrheitsgesellschaft anzupassen, Hörgeräte zu tragen und die Lautsprache (um jeden Preis) zu erlernen. In seiner schärfsten Form gipfelt Audismus im Verbot der Gebärdensprache(n).
Die Fotografin Xenia Dürr hat sich mit dieser Thematik intensiv auseinandergesetzt. Ihre Fotos zeigen unterschiedliche Situationen von Tauben Menschen, die aufgrund ihres Taubseins diskriminiert und auf sie reduziert werden. Xenia Dürr möchte mit diesen Bildern sensibilisieren und einen Paradigmenwechsel anstoßen. Bei der Ausstellung Wichtig ist ihr, andere Taube Menschen darin zu stärken, sich gegen Diskriminierungen aller Art zur Wehr zu setzen.
Es sind insgesamt 15 Bilder. 14 Bilder haben die Größe von 70x50 cm, 1 Bild hat die Größe von 100x70 cm. Fotodruck ist Satin und auf Alu-Dibond kaschiert.
Raumbeschreibung
Der Raum wird von der Straße aus durch eine große Glastüre betreten. Die Türe und vier große Fenster machen den Raum sehr hell. Der Raum ist ca. 75 Quadratmeter groß und rechteckig. Die Eingangstüre befindet sich in der rechten Raumhälfte. Zur Linken befinden sich drei Fenster, zur Rechten ein Fenster. Unter jedem Fenster befindet sich ein alter Heizkörper. Die Raumhöhe beträgt circa drei Meter. Der Boden ist alt und aus Stein. Darum hallt der Raum etwas. Der Raum hat eine abgenutzte Optik. An der Decke befinden sich Neonröhren, an den Wänden sind Heizungsrohre zu sehen. Das verleiht den Raum insgesamt eine kreative Ausstrahlung und , dies verleiht dem Raum einen Industrial Chic.
Alle Wände sind weiß und es sind nur die Fotografien als Kontrast an den Wänden zu sehen.
Gegenüber der Eingangstüre ist ein Durchgang der zum WC führt. Der Durchgang hat die Größe einer Türe, eine kleine Stufe führt nach unten in einen Gang. Dieser Gang ist etwas dunkel, eng und verwinkelt; er führt schräg nach links. Auf der linken Seite sich verdecken Vorhänge die Abstellfläche. Der Gang führt nicht gerade sondern geht schräg nach links. Außerdem führen Türen vom Gang weg in weitere Räume, die jedoch nicht zur Ausstellung gehören. Am Ende des Ganges gelangt man zu einer Türe, die über zwei ungleichmäßige Stufen in den Innenhof führt. Der Innenhof ist mit Blumentöpfen und einer kleinen Sitzgelegenheit freundlich gestaltet.
Rechts vom Ausgang in den Innenhof befindet sich das WC. Vor der WC-Tür ist rechts ein Waschbecken. Das WC ist geräumig und hell, es hat ein großes Fenster. Wenn man auf dem WC sitzt, ist rechts das Klopapier befestigt, darunter befindet sich ein kleiner Mistkübel. Links vom WC-Sitz befindet sich die Klobürste.
Die Bilder sind in drei Hauptkategorien aufgeteilt: Alltag, Bildung, Medizin. Das erste Bild beginnt mit dem Titel „Tauber Familienhund“ und befindet sich links, ca. einen Meter von der Eingangstüre, entfernt. Dieses Bild ist auch in den Einladungen bzw. auf den Flyern zu sehen. An dieser Seite des Raums hängen zwei weitere Bilder. Die Wand wird durch Fenster unterteilt. Zwischen den Fenstern hängt jeweils ein Bild. Auf der breiten Seite des Raums, hängen drei weitere Bilder. Geht man rechts entlang, kommt man wieder zur Längsseite des Raumes, hier befinden sich vier Bilder. Nach diesen Bildern befindet sich der Durchgang, der zum WC führt und sich gegenüber der Eingangstüre befindet. Dann geht es weiter mit vier Bildern. Am Ende, auf der breiten Seite des Raumes ist ein großes Bild, mit der Größe 100x70 cm.
Barrierefreiheit
Der Raum (inkl. Sanitäreinrichtung) ist für Rollstuhlbenutzer:innen zugänglich.
Sämtliche Veranstaltungen, Führungen und Workshops finden in Österreichischer Gebärdensprache (ÖGS) und in Deutsch statt bzw. werden gedolmetscht. Bitte geben Sie bei den Führungen und Workshops an, wenn Sie keine ÖGS können, damit eine Dolmetschung ins Deutsche sichergestellt wird.
Für Blinde und SehbeHinderte Menschen gibt es eine Raumbeschreibung und ALT-Texte zu jedem Bild, die über QR-Code abrufbar bzw. in einem Heft in großer Schrift abgedruckt sind und vor Ort aufliegen werden. Die QR-Codes zu jedem Bild befinden sich unterhalb vom Bild, neben dem Ausstellungskärtchen.
Mehr Informationen finden Sie auf der Website der Grünen Bildungswerkstatt: https://wien.gbw.at/veranstaltungen/ereignisansicht/event/audismus-fotoausstellung-von-xenia-duerr/
Tauber Familienhund
Ein Taubes Familienmitglied kann sehr gut mit einem Familienhund verglichen werden.
Jahrelang trainiert, zu sprechen.
Jahrelang angepasst.
Hunde können lange warten. Taube Menschen auch, oder?
Eine alltägliche Situation in hörenden Familien.
Inspiriert von einem Gemälde der Tauben Malerin Susan Dupor aus den USA.
Xenia Dürr, Foto Satin, 70x50 cm, Berlin, 2019
Auf einer Bühne vor einem schwarzen Hintergrund sitzen drei weiblich* gelesene Personen auf Stühlen. Um sie herum ist es dunkel. Nur die Personen werden angeleuchtet, um sie in den Fokus zu rücken. Die linke Person ist weiß, hat braune, schulterlange Haare, trägt eine Brille, Jeans und ein dunkelblaues langärmliges Shirt. Die Person in der Mitte ist of Color, trägt einen dunkelroten Hijab, eine dunkelrote langärmelige Weste, darunter ein graues Longshirt und eine dunkelrote Hose. Sie blickt zur rechts sitzenden Person. Die Person ganz links ist der Person in der Mitte zugewandt. Sie ist weiß, hat kurzes, blondes, lockiges Haar, ein schwarzes langärmeliges Shirt und eine weiße Hose. Sie unterhalten sich und lachen. Am Boden rechts davor, auf einem bunten Teppich, sitzt eine Person mit grauer Weste und schwarzer Hose. Ihr Kopf verschwindet komplett in einer Hundemaske. Sie erinnert an einen Schäferhund, der mit ausgestreckter Zunge hechelt. Die Person tippt die blonde, bebrillte Person links an das Bein. Sie möchte auf sich aufmerksam machen, doch die blonde Person bedeutet ihr mit der flachen Hand zu warten.
Ein Kind als Dolmetscher*in
Auf dem Bild wird eine wahre Begebenheit in einem Amt nachgespielt. Die siebenjährige hörende Tochter, eine CODA (Children of Deaf Adults) übersetzt das Gespräch für ihre Taube Mutter. Vermutlich fragen Sie sich, warum kein*e Dolmetscher*in für Laut- und Gebärdensprache eingesetzt wurde? “Zu teuer, bezahlen wir nicht.“
„Ich wünsche, dass es weniger solche Stiuationen gibt, wo die CODAs alles übersetzen […] Denn Kinder sind keine ausgebildeten Dolmetscher [… ] wollen auch ein Kindesleben haben“ (Kröning: 2017)
Xenia Dürr, Foto Satin, 70x50 cm, Berlin, 2019
Auf einer Bühne vor einem schwarzen Hintergrund sitzen drei weiblich* gelesene Personen an einem Tisch. Rundherum ist es dunkel, nur das Licht ist auf die Personen gesetzt, um sie in den Fokus zu rücken. Die Person links ist weiß, hat mittellange dunkelblonde Haare, trägt eine Brille und einen grünlichen Pullover. Sie hat eine Ringmappe mit Registern aufgeschlagen vor sich liegen. Sie ist dem Kind in der Mitte zugewandt und zeigt diesem ein Blatt Papier. Das Kind ist of Color, hat dunkelbraune Zöpfe und trägt ein rot-schwarz gestreiftes, langärmeliges Shirt. Sie schaut konzentriert auf das Blatt Papier und hält ihre linke flache Hand vor ihrer Wange, das die Gebärde in Deutscher Gebärdensprache (DGS) für “Wann” bedeutet. Sie übersetzt für die Taube Mutter rechts im Bild Diese trägt einen hellblauen Hijab, das die Farbe von türkisblauem Meer hat und eine weiße Bluse. Sie konzentriert sich auf den Inhalt der Übersetzung.
Musikdolmetschen als hörendes Privileg
Auf den ersten Blick scheint es harmonisch und wunderschön. Auf der Bühne steht ein*e hörende*r Dolmetscher*in. „Musikdolmetschen“ wird gerne als wichtiger Beitrag für eine vielfältige und inklusive Kulturszene propagiert.
Warum stehen keine Tauben Performer*innen auf der Bühne?
„Sie ernten Ruhm […], können sich mit meiner Sprache schmücken – die gleiche Sprache, für die ich als Tauber Mensch immer noch verspottet werde […] Abwertung erfahre, weil man mit ihr angeblich keine abstrakten Zusammenhänge verhandeln könne.“ (Zierold: 2018)
Xenia Dürr, Foto Satin, 70x50 cm, Berlin, 2019
Die Situation ist auf der Bühne vor einem schwarzen Hintergrund in Szene gesetzt. Das Licht wurde so gesetzt, dass die Personen im Bild im Fokus stehen und es rundherum dunkel ist. Zwei weiße, männlich gelesene Personen stehen auf einer Bühne. Die rechte Person trägt einen kleinen Oberlippenbart und einen schmalen Bart am Kinn. Sie trägt ein beiges, legeres Hemd und eine alt-rosa farbene Hose und um den Hals eine Kette mit Lederband und einem Anhänger. Sie singt in ein Mikro, das pinkfarben glänzt. Zu seiner Musik tanzt und gebärdet links von dieser Person eine zweite Person. Sie hat blondes, gelocktes, kurzes Haar, ein schwarzes langärmeliges Shirt und eine weiße Hose. Sie hat ihre Augen geschlossen, ihr Kopf ist nach oben geneigt, als ob sie die Übersetzung der Musik sehr genießt. Ihre Hände sind übereinander gekreuzt. Das bedeutet in Deutscher Gebärdensprache (DGS) , dass die Person nicht gebärden kann. Auf ihrer Stirn kleben Euro-Geldscheine.
Dinner Table Syndrom
„Für viele ist ein Drink mit Freunden der Inbegriff eines entspannten Abends. Aber für Taube in einem hörenden Publikum kann eine Kneipe ein perfekter Sturm aus schlechter Beleuchtung, lauten Hintergrundgeräuschen und vollen Mündern sein, der die Kommunikation erschwert. Manchmal genieße ich mich und meine Freunde, und ich versuche sicherzustellen, dass ich die Unterhaltung verstehen kann. Aber manchmal bin ich nicht in der Stimmung für diese Arbeit. Ich starre auf mein Bier, lasse meine Augen glasig werden.
Ich bin da und gleichzeitig nicht da.“ (Novic, 2020, übersetzt)
Xenia Dürr, Foto Satin, 70x50 cm, Wien, 2018
Junge Leute sitzen an einem Tisch. Partystimmung ist in dem Raum zu fühlen. Vor ihnen stehen Bierdosen, Gläser, Handys, Zigaretten, Feuerzeuge und ein Aschenbecher. Auf der linken Seite des Tisches sitzen drei Personen. Die Person links ist of Color, hat lange schwarze Haare, ein großes, dickes, violettes Tunnelpiercing im Ohr, ein rotes T-Shirt und auf dem Arm ein Tattoo von einem Fön, Schere und Kamm. In der Mitte sitzt ein weißes, junges Mädchen mit blonden, langen Haaren und schwarzem Oberteil. Dahinter sitzt ein bärtiger, weißer Mann mit kurzen Haaren, schwarzem T-Shirt, auf dem ein Joker und eine Spielkarte aufgedruckt ist. Er grinst den anderen zwei Personen zu. Sie prosten mit einem Shot einander zu. Auf der rechten Seite schmusen zwei junge Frauen* miteinander. An der Schmalseite sitzt eine junge erwachsene Person of Color mit Oberlippenbart und kurzen dunklen Haaren. Sie blickt ernst in die Kamera mit einem Glas in der Hand.
Bildungsbarrieren
„Hände auf den Rücken und Lippen spitzen!“ - So sah der Bildungsweg vieler Tauber Menschen aus.
Die Folgen des Mailänder Kongresses von 1880 schwingen bis heute nach.
Somit wurde und wird vielen Tauben Schüler*innen der Zugang zu Bildung willkürlich verwehrt.
Erheblicher Bildungsdefizit ist die Folge. Daraus resultieren unter anderem hohe Arbeitslosigkeit und psychische Probleme.
“Hörende Pädagogen, die der „Oralen Methode“ anhingen bzw. anhängen, versuch(t)en nicht,
sich in die Fähigkeiten und Bedürfnisse Tauber hineinzuversetzen […] sondern press(t)en Erstere
mit Gewalt in das eigene hörende Lebensmuster.”
(Rajashekhar 2011: 291)
Xenia Dürr, Foto Satin, 70x50 cm, Wien, 2018
Zwei Personen befinden sich vor einer grünen Schultafel. Links steht eine erwachsene weiße Frau* in weißem Hemd mit einer Brille, einer schwarzen Fliege um den Hals und schwarzer Hose. Ihre Mimik wirkt sehr streng. Sie hält einen Stock in der rechten Hand. Rechts steht ein weißes Kind mit einem hellen Hemd und einer grau-beigen Hose. Der Blitz der Fotokamera wirft den Schatten der beiden Protagonist*innen auf die Schultafel. Durch das harte Licht wirkt die Stimmung bedrohlich. Die Frau ist über das Kind gebeugt. Mit linkem Daumen und Zeigefinger fasst sie dem Kind fest ans Kinn, den Stock auf es gerichtet. Das Kind spitzt die Lippen und hält mit der erwachsenen Person Blickkontakt. Die Arme sind hinterm Rücken mit einem roten Seil zusammengebunden.
Neunzig Prozent…
aller Tauben Kinder werden in hörende Familien hineingeboren. Fast alle hörenden Familien lernen keine Gebärdensprache. Trotz jahrelangem Lautsprachtraining sind die meisten Tauben Familienmitglieder kommunikativ abgeschnitten. Sie bekommen am Familientisch tagein tagaus nichts mit, weshalb sie oft durch Abwesenheit glänzen.
Ich bin da und gleichzeitig nicht da.“ (Novic, 2020, übersetzt)
Xenia Dürr, Foto Satin, 70x50 cm, Wien, 2018
Vier weiße Personen sitzen am Küchentisch in ihrer Wohnung. Das Spotlight ist auf den Tisch gesetzt. Die Familie und ihr Gespräch sind im Fokus. Es ist eine hörende Familie mit zwei erwachsenen Kindern. Die Tochter trägt braune mittellange Locken, ein violettes Oberteil mit einer gelben Weste und ist so um die 20 Jahre alt. Der Vater hat eine Glatze, eine Brille und ein oranges T-Shirt mit einem skizzierten Skelett als Muster. Der Sohn hat lange braune Haare zu einem Zopf zusammengebunden und trägt ein violettes T-Shirt. Er ist so um die 20 Jahre alt. Die Mutter hat lange, braune Haare und ein dunkelblaues Oberteil. Sie unterhalten sich gut und amüsieren sich sehr. Es ist ein Lachen im Raum. Sie essen Kuchen und trinken Tee oder Kaffee. In der Mitte des Tisches steht ein Teller mit Kuchen. An der Schmalseite des Tisches am Ende steht ein Foto mit goldenem Rahmen von einer jungen Person mit langen dunklen Locken. Sie stützt ihr Kinn auf die Faust und schaut gelangweilt und mit traurigem Blick zu. Der Blick des Vaters links hinten ist auf das Bild gerichtet und grinst.
Taube Marionette
Resilienz?
Maske der Barmherzigkeit?
Viele Taube Kinder und Jugendliche erfuhren in religiösen Schulinternaten körperliche und verbale Gewalt in verschiedenen Formen.
„Am brutalsten seien die Heimerzieherinnen gewesen […] Das Essen dort war ein Fraß. Wir mussten alles aufessen, was uns die Erzieher auf den Tellern legten. Und wenn ich mich übergeben musste, wurde ich gezwungen, das Erbrochene wieder aufzuessen.“ (Blage, DGZ: 2019)
Xenia Dürr, Foto Satin, 70x50 cm, Berlin, 2019
Der Hintergrund ist dunkel. Auf dem Foto sind zwei weiße, weiblich gelesene Personen. Sie stellen eine Marionette und eine Puppenspieler*in dar. Die Marionette vorne hat braune lange Haare, zusammengebunden zu einem Dutt, sie trägt ein weißes Oberteil mit grauen, weiten Ärmeln. Der Kopf ist leicht zur Seite geneigt. Ihr Gesicht ist geschminkt: mit einem roten Punkt auf jeder Wange, die Lippen sind weiß-rot-weiß bemalt, wobei die weiße Farbe bis zum Kinn hinunterführt. Ihr Blick ist auf die Kamera gerichtet. Er ist leer.
Ihre Hände hängen an weißen Fäden, an einem übergroßen braunen Kreuz. Dieses Kreuz wird von der zweiten Person, die hinter der Marionette steht, gehalten. Diese hat dunkle Haare, trägt eine Brille, dunkles Gewand und eine Kette mit einem grünen Stein um den Hals. Ihr Blick ist konzentriert auf das Kreuz gerichtet und wirkt streng, während sie mit der Marionette spielt.
Das CI als Allheilmittel - l
Pro Jahr werden bis zu tausende Taube/schwerhörige Kinder mit einem Cochlea-Implantat versorgt. Im Jahr 2019 gewann eine Taube Familie vor Gericht gegen das Jugendamt. Das Jugendamt bedrohte die Familie mit dem Kindesentzug wegen Kindeswohlgefährdung. Warum?
Die Familie weigerte sich, ihr Kind mit einem CI versorgen zu lassen. Die Entscheidungsfreiheit muss heute noch erkämpft werden. Aus Selbstbestimmung wird Fremdbestimmung.
Xenia Dürr, Foto Satin, 70x50 cm, Berlin, 2019
Ein weißer, männlich gelesener Mann in weißem Ärzt:innen Kittel und blauen Hygiene-Handschuhen sitzt in einem dunklen Ledersessel vor einem dunklen Hintergrund. Das Licht ist auf ihn gerichtet. Seine Haare sind zur Seite gekämmt, er trägt eine Hornbrille, ein weißes Hemd und eine rote Krawatte unter seinem Ärzt:innen Kittel. Zu seiner Linken und zu seiner Rechten ist je eine weiße, weiblich gelesene Person kniend in weißem T-Shirt und mit türkis-grüner OP-Haube auf dem Kopf. Ihre Arme sind auf dem Rücken, so als ob sie gefesselt wären. Der Arzt hält in jeder Hand ein riesiges Ohr an die Köpfe der beiden Frauen, genau auf die Höhe des Ohrs, das von der OP-Haube verdeckt ist. Der Arzt blickt stolz und selbstgefällig in die Kamera. Die beiden Personen zu seiner linken und zu rechten Seite blicken zu Boden und von ihm weg.
Das CI als Allheilmittel - ll
Eine CI-Versorgung ist heutzutage selbstverständlich und profitabel. Der Öffentlichkeit wird gerne suggeriert, dass das CI Taube Menschen aus der drohenden Isolation befreien würde. Die Gebärdensprachen werden als nicht förderlich für die eigene Entwicklung gebrandmarkt. Dabei haben wissenschaftliche Erkenntnisse längst das Gegenteil bewiesen.
Xenia Dürr, Foto Satin, 70x50 cm, Berlin, 2019
Der Hintergrund ist schwarz. Ein weißer, männlich gelesener Mann in weißem Ärzt:innen Kittel und blauen Hygiene-Handschuhen sitzt in einem dunklen Ledersessel. Das Licht ist auf ihn gerichtet. Er trägt eine Hornbrille, ein weißes Hemd und eine rote Krawatte unter seinem Ärzt:innen Kittel. In jeder Hand hält er ein überdimensionales Ohr in die Höhe. Er betrachtet das rechte Ohr. Sein Blick ist selbstgefällig und stolz.
Herrschaft hörender über die Körper Tauber
Menschen - Teil 1
“So haben in den vergangenen Jahrhunderten bis in die Gegenwart hinein zahlreiche hörende Mediziner an den Körpern Tauber herumexperimentiert, sie mit Blutegeln, Flüssigkeiten im Ohr, Elektrizität und CIs traktiert und hierdurch paradoxerweise eigentlich gesunde Menschen in Patienten verwandelt […] “ (Rajashekhar 2011: 291)
Xenia Dürr, Foto Satin, 70x50 cm, Wien, 2018
Eine junge, weiße Frau* mit blonden Haaren und einem weißen T-shirt mit einem Muster liegt gefesselt auf einer Liege. Ihr Blick ist verängstigt. Das Licht erinnert an einen OP-Saal. Die Stimmung wirkt angespannt und bedrohlich. Hinten im Bild ist ein Fenster. Am Kopf der Frau sind links und rechts übergroße menschliche Ohren befestigt. Rechts und links stehen zwei männlich gelesene Personen, einer weiß und einer Person of Color in weißem Ärzt*innen-Kittel. Beide tragen eine grüne OP-Maske und weiße Latex-Handschuhe. Sie sind über die jungen Frau* gebeugt und werkeln mit den Instrumenten an den Ohren herum.
Herrschaft hörender über die Körper Tauber Menschen - Teil 2
Kein Ausstellungstext vorhanden. Nur ein zweites Foto als Fortsetzung vom ersten Bild.
Das Foto ist in einer Praxis fotografiert worden. Der Hintergrund ist dunkel und die Stimmung wirkt bedrohlich. Zwei männlich gelesene Ärzte in weißem Ärzt:innen-Gewand mit Operationsmasken blicken von herab in die Kamera.
Der links Stehende ist eine Person of Color, hat kurze schwarze Haare, trägt eine Brille mit dickem schwarzen Rand und der rechts stehende Arzt ist weiß, hat kurze blonde Haare und blaue Augen. Es entsteht ein Gefühl der Angst und aufgrund der Mundschutze, gibt es eine Kommunikationsbarriere.
Die Zunge im Fokus l
An der Zunge Tauber Menschen wurde stets herumexperimentiert. Die Zunge wurde in der oralen Spracherziehung von verschiedensten Gegenständen traktiert. Die orale Erziehungsmethode fand ihren Höhepunkt in den Resolutionen des Mailänder Kongresses von 1880.
„Viele unserer Zöglinge werden die ganze Schulzeit hindurch fast ausschließlich mit Zungengymnastik und Tonübungen geplagt; aber wie steht es mit der Gymnastik des Geistes?“ (Heidsiek 1889: 239).
Xenia Dürr, Foto Satin, 70x50 cm, Berlin, 2019
Zwei Personen of Color stehen vor schwarzem Hintergrund einander gegenüber. Die Person links trägt ein beigefarbenes T-Shirt mit grünem und grauem Muster. Sie hat eine Affenmaske mit übergroßen menschlichen Ohren auf. Sie kniet vor der rechten Person und hält die geöffneten Handflächen auf Höhe der Wangen zu dieser großen Person hin. Sie wirkt dabei ängstlich und versucht sich zu schützen. Die Person rechts trägt eine schwarze Brille, Bart und Mundschutz in weißem Ärzt*innen-Kittel und werkelt mit einem Instrument im Mund der anderen Person herum.
Die Zunge im Fokus II
Fokus Zunge Fokus Zunge Fokus Zunge
Fokus Zunge Fokus Zunge Fokus
Fokus Zunge Fokus Zunge
Fokus Zunge Fokus
Fokus Zunge
Fokus
Xenia Dürr, Foto Satin, 70x50 cm, Berlin, 2019
Zwei Personen of Color stehen vor einem schwarzem Hintergrund einander gegenüber. Die Person rechts hat eine Brille auf und trägt Bart, Mundschutz und einen weißen Ärzt*innen-Kittel. Sie fährt der links stehenden Person mit einem Instrument über die Zunge. Die Zunge dieser Person ist sehr lang und durch eine rote Krawatte dargestellt. Die Person links hat eine Affenmaske mit übergroßen menschlichen Ohren auf. Sie steht schutzlos und ausgeliefert der anderen Person gegenüber.
„Sag: NNNeNNNeNNN“
Oft mussten und müssen Taube Kinder/ Jugendliche jahrelang und bis zur Erschöpfung das Artikulieren aller Buchstaben üben. Unabhängig davon, ob es von Erfolg gekrönt war oder nicht. Sogar der oralistische Pädagoge M. Hill beschreibt:
„[…] selbst der sorgfältigste Unterricht zeigt nicht bei allen Zöglingen die gewünschten Erfolge; viele nehmen nur eine sehr notdürftige religiöse und intellektuelle Ausbildung aus ihrer Bildungsschule mit“ (Heidsiek 1889: 235)
Xenia Dürr, Foto Satin, 70x50 cm, Berlin, 2019
Der Hintergrund des Bildes ist schwarz. Eine männlich gelesene Person mit dunklen, langen Haaren, Bart über der Oberlippe und am Kinn und Brille steht hinter einer weißen, weiblich gelesenen, sitzenden Person. Er trägt einen weißen Ärzt:innen-Kittel und schwarze Latex-Handschuhe. Er wirkt sehr groß und es entsteht das Gefühl, dass die sitzende Person fast von ihm verschluckt wird. Die vor ihm sitzende Person hat dunkle, kurze Haare. Sie ist dunkel gekleidet und trägt eine Kette, deren Anhänger vom Shirt verdeckt ist. Ihr Mund ist geöffnet. Er hält ihre rechte Schulter fest und drückt mit Zeige- und Mittelfinger der linken Hand fest an ihre Nase. Sie drückt ihre Zunge gegen die oberen Schneidezähne. Über ihre Unterlippe rinnt Blut. Ihr Blick ist ängstlich und verzweifelt.
„Mir sind die Hände gebunden“
Das Bild ist einem kleinen Tauben Mädchen gewidmet. Die Hände des Mädchens wurden jeden Abend mit Waschlappen vor dem Schlafen gebunden. Die Waschlappen waren mit Nägeln gefüllt. Die Aufgabe der Nägel war es, das Mädchen daran zu erinnern, nicht zu gebärden.
Xenia Dürr, Foto Satin, 70x50 cm, Berlin, 2019
Auf dem Foto ist eine weiße, weiblich* gelesene Person mit dunklen kurzen Haaren, dunklen Augen, schwarzer Kleidung und einer feinen, dunklen Halskette, deren Anhänger vom Shirt verdeckt wird, zu sehen. Sie sitzt auf einem Stuhl vor einem schwarzen Hintergrund. Sie blickt gequält in die Kamera. Ihre Hände hält sie nach oben auf Höhe des Gesichts. Weiße Waschlappen sind über ihre Hände gesteckt und mit schwarzen Bändern zugebunden. Aus jedem Waschlappen rinnt eine feine Blutbahn.
Gebärdensprache als verbotene „Affensprache“
Kollektive Traumata.
Wir tragen Narben.
In unseren Händen.
In unserer Seele.
Wir tragen Narben.
Traumata. Kollektiv.
Xenia Dürr, Foto Satin, 100x70 cm, Berlin, 2019
Es ist eine weiße Person von der Seite zu sehen. Der Hintergrund ist dunkel und verschluckt die Person fast. Sie sitzt vor einem alten schmalen Tisch, wie in einer Schule. Es fallen helle Schattierungen auf die Arme, Hände und dem Kopf. Der Oberkörper ist fast nicht zu erkennen. Ihre Arme sind nach vorne auf den Tisch gestreckt und ihr Kopf von einer Affenmaske umgestülpt hängt nach unten. Die Hände liegen flach auf der Tischplatte und sind jeweils mit Nägeln auf der Platte festgeschlagen. Die Hände bluten.